Zum 75. Todestag von Dietrich Bonhoeffer am 9. April 2020

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„Von guten Mächten wunderbar geborgen“ – seinen wohl berühmtesten Text schrieb Dietrich Bonhoeffe am 19. Dezember 1944 in Gestapo-Haft in einem Brief an seine Verlobte Maria von Wedemeyer. Es ist das letzte erhaltene Dokument von Dietrich Bonhoeffer, dem wohl bedeutendsten evangelischen Theologen des 20. Jahrhunderts. Der Schluss des Briefes ist ein Gebet, sein geistliches Vermächtnis, von mehr als siebzig Komponisten vertont, das schon vielen Menschen Trost spendete inmitten der Ungewissheiten des Lebens.

Gerade jetzt zu seinem 75. Todestag, in dieser für die ganze Welt so schwierigen Corona-Zeit, können wir aus diesen Worten Kraft und Hoffnung schöpfen:

 

Von guten Mächten wunderbar geborgen,

erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist mit uns am Abend und am Morgen

Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

 

 

Pastor und Verschwörer

Deutschland vor knapp achtzig Jahren: Nach den Blitzkriegen gegen Polen und Frankreich schien Hitlers Position unanfechtbar. Die oppositionellen Regungen in der Wehrmacht waren erlahmt. Massenweise wurden Juden in die Vernichtungslager deportiert. Zu dieser Zeit begann der am 4. Februar 1906 in Breslau geborene lutherische Theologe und Pastor Dietrich Bonhoeffer, ein Gelehrtentyp mit nüchternem Verstand, das schwierige Handwerk eines politischen Verschwörers zu erlernen.

Auf raffinierte Weise schleuste er vom Tod bedrohte Juden über die Reichsgrenze. Durch seinen Schwager Hans von Dohnanyi, der im Oberkommando der Wehrmacht tätig war, bekam er Kontakt zu der Widerstandsbewegung um den Chef der Abwehr, Admiral Wilhelm Canaris. Seine guten ökumenischen Kontakte in halb Europa machte man sich dort gern zunutze. Die Abwehr schickte ihn als „Geheimagenten“ ins Ausland. Offiziell hatte Bonhoeffer bei diesen Reisen Informationen für den deutschen Geheimdienst zu sammeln. Seine eigentliche Aufgabe war es jedoch, die Freunde im Ausland über die Aktivitäten des Widerstands zu unterrichten und von ihnen Informationen mitzubringen. Es ging um die Planung von Deutschlands Zukunft für den Fall eines erfolgreichen Umsturzes.

Lange geht das riskante Unternehmen gut – bis zum April 1943, da wird der profilierte Vertreter der Bekennenden Kirche verhaftet. Im Militärgefängnis Berlin-Tegel erlebt er die Hölle. Doch was der Häftling Bonhoeffer in den nächsten anderthalb Jahren aus seiner engen, schlecht erleuchteten Zelle schmuggelt, auf Zettel kritzelt oder in den Briefen an seine Familie einstreut, geht in die Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts ein. Zwischen Hoffnung und Todesangst, ungewiss über sein Schicksal, redet Bonhoeffer mit einem Gott, der seine Menschen scheinbar verlassen hat. Die Zukunft werde einem „religionslosen“ Christentum gehören, prophezeit er aus der Todeszelle.

Wenige Wochen vor Kriegsende trat Bonhoeffer eine Odyssee durch Thüringen und Bayern an, während sich die amerikanischen Truppen näherten. Am 9. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer im oberpfälzischen Konzentrationslager Flossenbürg, zusammen mit anderen Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus, hingerichtet.                                     Christian Feldmann

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An der Westfront der Westminster Abbey in London steht eine Reihe mit zehn Statuen von Märtyrern des 20. Jahrhunderts, darunter die Statue von Dietrich Bonhoeffer.